„Aquarium“

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  • Beitrag veröffentlicht:22. November 2017
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein

Aus dieser kurzen Geschichte von Gert Löschütz entwickelte der Kurs Darstellendes Spiel (E-Phase und Q1) unter der Leitung von Gerda-Karin Oostinga eine ganz eigene Interpretation.

Den Ausgangspunkt der Dramatisierung bildet der Notruf einer Frau, die telefonisch bei der Polizei den Selbstmord ihres Mannes meldet und um Hilfe bittet. Für die Redaktion der Tageszeitung mit nicht gerade übermotivierten Mitarbeitern und einem geschäftsmäßigen Chef eine Routinemeldung, allenfalls eine kleine Notiz in der nächsten Ausgabe wert, aber für eine junge Bloggerin, die in der Redaktion ihre erste Stelle antritt, die Möglichkeit, sich im Tagesgeschäft des Journalismus zu bewähren: „Nur“ ein Selbstmord oder steckt vielleicht mehr dahinter? Und so macht sie sich auf die Suche nach Informationen im Umfeld des Opfers.

Gespielt wird dabei auf drei verschiedenen Ebenen, die durch drei verschiedene Bühnenplätze dargestellt werden, was durch geschickte Lichtregie unterstützt wird: Die Arbeit im Büro der Zeitungsredaktion, die Recherche der Journalistin und Szenen, die sich zwischen dem Ehepaar abspielten. Die Witwe erzählt von beruflichen Enttäuschungen ihres Mannes, von häuslichem Streit um Nichtigkeiten wie das Säubern des Aquariums, das keiner übernehmen will; ein Punkt, der wieder und wieder Anlass zu unschönen Auseinandersetzungen bietet und zum Sinnbild der Unversöhnlichkeit wird. Auch ein befreundetes Paar berichtet von den Spannungen zwischen den Eheleuten. Die Nachbarn wissen ebenfalls von lautstarken Wortwechseln zu berichten und legen dabei anschaulich von ihrer eigenen krisenbehafteten Beziehung Zeugnis ab, während eine andere, etwas verhuschte Mitbewohnerin nicht zu einer Aussage zu bewegen ist. Alles scheint auf den Selbstmord eines frustrierten Menschen hinzudeuten, als die Witwe der Reporterin gesteht, dass sie nicht die Wahrheit gesagt habe: Ihr Mann habe sie angegriffen und die verwirrte Nachbarin, die zufällig in der Wohnung gewesen sei, habe ihren Mann erschlagen, um ihr das Leben zu retten. Sie habe dann einen Selbstmord arrangiert, weil sie ihrer Retterin dankbar gewesen sein; nun könne sie aber nicht länger schweigen!

Die junge Journalistin – inzwischen am Schreibtisch ihres Chefs arbeitend – beendet ihren sorgfältig recherchierten Artikel, hochzufrieden, den vermeintlichen Selbstmord aufgeklärt zu haben, doch die Wahrheit – das Publikum ahnte es – ist eine andere, denn die Puzzleteile ergeben eben nicht das komplette Bild: Die trauernde Witwe ist in Wirklichkeit eine raffinierte Drahtzieherin, die ihrem schwer verletzten Mann den Rest gegeben hat und ihre Nachbarin durch eine Lüge eiskalt in die Psychiatrie bringt.

Herzlichen Glückwunsch zu einer überzeugenden Inszenierung!

Hm